Abgaswerte werden geprüft © Wiener Rauchfangkehrer
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Wiener Rauchfangkehrer – Sicherheit für Wien

22. Oktober 2018

Bürgerinnen und Bürger unterschätzen viele Gefahren

Wien wächst, die Alters- und gesellschaftliche Struktur verändert sich. „Um die Sicherheit in unserer Stadt möglichst hoch zu halten, braucht es eine größere Disziplin der Wiener Bevölkerung in den Wohngebäuden und einige Maßnahmen in Alt- und Neubauten“, appelliert Christian Leiner, Innungsmeister der Wiener Rauchfangkehrer. Denn der Rauch ist giftiger geworden und 2/3 der Brandopfer sterben an Rauchgasvergiftung. Leiner fordert daher verpflichtend Brandmelder im Altbau, denn diese sind bisher nur im Neubau vorgeschrieben. Nach einigen Jahren mit stark rückläufigen CO – Unfällen, wird seit 2017 wieder ein Anstieg verzeichnet, denn das jährliche Geräteservice wird nur mangelhaft oder gar nicht durchgeführt.

Wohnungsbrände in Wohngebäuden nehmen zu

Menschliches Fehlverhalten, falscher Umgang mit offenem Feuer, elektrischen Geräten, Überlastung von Steckdosen durch zu viele Geräte und unsachgemäße Verkabelungen sind häufige Ursachen. „Für jede Wohnung ist ein Elektrobefund vorgeschrieben. Nach Rücksprache mit der Fachgruppe Elektrotechnik fehlt leider die Kontrolle der Durchführung“, meint Innungsmeister Leiner.
Maßgeblich für die Wohnungsbrände ist vor allem die mobile Brandlast in den Wohnungen. Leiner: „Durch neue Baustoffe und mehr Einsatz von Kunststoffen ist der Rauch giftiger geworden und verbreitet sich dichter. So sind Betroffene sehr rasch orientierungs- und chancenlos.“ Etwa zwei Drittel der Brandopfer sterben an einer Rauchgasvergiftung. Sind in der Wohnung Brandmelder angebracht, wird eine akustische Warnung ausgelöst. Diese sind allerdings nur in Neubauten und nur in Aufenthaltsräumen vorgeschrieben. „Für Altbauten sind keine Brandmelder vorgeschrieben. Diese sollten unbedingt nachgerüstet werden“, regt Leiner an.

Christian Leiner, Innungsmeister © Wiener Rauchfangkehrer
Christian Leiner, Innungsmeister © Wiener Rauchfangkehrer

Verpflichtende Brandmelder auch in Altbauten wichtig

Leiner: „Die Regelung für eine verpflichtende Nachrüstung von Brandmeldern für Altbauten kann über eine Novelle der Bauordnung erfolgen. Wir empfehlen diese auch in Schlafzimmern und Fluren einzubauen. Die Brandursachen sind oft tückisch, da es nur zu einem Schwelbrand kommt, der zu einer starken Rauchentwicklung und während des Schlafes zum Tod durch Ersticken führt.“

Wachsende Stadt, älter werdende und sich verändernde Gesellschaft

Leiner: „Wohnungen werden kleiner, teurer und auch überfüllter. Wir erleben häufiger sehr dicht belegte Wohnungen. Dazu kommt, je kleiner die Wohnung umso mehr Verlagerung in die öffentlichen Teile eines Wohngebäudes wie Stiegenhaus Keller, Dachböden und Innenhöfe. „Je mehr Menschen auf engem Raum zusammenleben, umso wichtiger wird ein diszipliniertes Verhalten um Gefahren abzuwenden“, so Leiner. Viele Brandopfer sind ältere und gebrechliche Menschen. Denn diese hören und sehen schlechter und sind für eine Flucht vor dem Feuer nicht schnell genug. „Die Altersstruktur in Richtung älterwerdende Gesellschaft verändert sich rapide und wir müssen mehr Rücksicht darauf nehmen“, so Leiner. Beispielsweise sind Menschen, die mit sozialen Normen schwer umgehen können, stärker gefährdet – sei es aus sprachlichen Gründen oder aus mangelndem Verständnis für die Sinnhaftigkeit einer Regelung. Auch in Haushalten mit sehr kleinen Haushaltsbudgets, die sich keine neuen Geräte oder Installationen von Profis leisten können, verringert sich die Sicherheit.

Brandbeschleuniger im Keller und am Dachboden

„Rund zehn Prozent der Brände entstehen im Keller oder auf dem Dachboden“, resümiert Leiner und appelliert dringend diese regelmäßig zu entrümpeln. Leiner: „Man vergisst sehr schnell was man alles gelagert hat. Alte Textilien, Möbel, Lacke, Farben können im Falle eines Brandes zu Brandbeschleuniger werden. Für Dachböden gibt es die Regelung, dass nur 25% der Fläche zum Abstellen benutzt werden darf, für Keller gibt es keine Regelung.“

Ein Brandmelder bewahrt vor Gefahren © Wiener Rauchfangkehrer
Ein Brandmelder bewahrt vor Gefahren © Wiener Rauchfangkehrer

Falle Stiegenhaus: Fluchtweg oft versperrt

Häufig sind Papier- und Müllcontainer mitten im Stiegenhaus abgestellt. Damit sind sie eine Gefahrenquelle als Brandherd, Anziehung für Brandstifter und verstellen den Fluchtweg bzw. verhindern bei Verrauchung die Flucht. Auch abgestellte Kinderwägen, Fahrräder, Pflanzen und vieles mehr verstellen den Weg für Rettungskräfte und Flüchtende und können zumindest zu Stolperfallen werden. Um die Wohngebäude möglichst sicher zu machen, sind die öffentlich zugelassenen Rauchfangkehrer mit feuerpolizeilichen Überprüfungen der allgemeinen Teile des Hauses gesetzlich beauftragt. Sie bekleben im ersten Schritt die abgestellten Gegenstände mit einer grünen Banderole und fordern damit die Entfernung auf. Wird darauf nicht reagiert, erfolgt eine Meldung an den Magistrat der Stadt Wien. „Sorglosigkeiten und Nachlässigkeiten müssen bekämpft werden. Das ist nicht immer angenehm, bringt aber größere Sicherheit beim Brandgeschehen“, sagt Leiner.
Stiegenhaus

Mangelndes Service der Heizgeräte: CO-Unfälle steigen wieder an

Mit Einführung der jährlichen Luftverbundüberprüfung im Rahmen der Hauptkehrung (2012) reduzierten sich Kohlenmonoxid – Unfälle und Todesopfer um 85 Prozent. „Leider werden die Menschen wieder nachlässig, wenn weniger Dramatisches passiert. So wird die Sicherheitsvorsorge wie die Gerätewartung, gar nicht, verspätet oder nur mangelhaft, teilweise sogar von unseriösen Billigstanbietern durchgeführt“, resümiert Leiner. 2017 mussten mit 7.895 Anlagen um etwa 25 Prozent mehr wegen „Gefahr im Verzug“ gesperrt werden als noch im Jahr davor. Etwa 2/3 dieser defekten Anlagen wurden wegen erhöhter CO – Werte gesperrt. Auch die Anzahl der CO – Unfälle stieg um 17 Prozent gegenüber 2016 und es gab wieder ein Todesopfer. Leiner: „Es ist uns bewusst, dass Wartungen von seriösen Fachbetrieben ihren Preis haben. Aber es geht um Menschenleben. Jeder dessen Heizanlage in den letzten 12 Monaten noch nicht gewartet wurde, sollte dies rasch durchführen lassen.“

Digitalisierung für Rauchfangkehrer auf Tour

Die Einrichtung eines Serviceportals ermöglicht die Auftragsverwaltung, den Austausch von Mängelmeldungen sowie den Schriftverkehr zwischen Auftraggebern und-nehmern. Dazu werden die Wiener Rauchfangkehrer für ihre Touren laufend mit Tablets ausgestattet. Für 2019 ist die nächste Online-Lösung zur Abwicklung der Zahlungsmodalitäten geplant. Damit wird die Zahlung mittels Bankomatkarte und eine Online – Dokumentation aller Arbeitsschritte möglich.

Ausbildung

Vor dem Start zur Lehre im dualen Ausbildungssystem, muss ein Eignungstest absolviert werden bei dem die kommunikativen Fähigkeiten, Technikverständnis und Allgemeinbildung überprüft werden. Diesen haben heuer 46 Prozent der Kandidaten bestanden. Nach drei Jahren wird die Lehre mit einem Diplom zum Gesellen abgeschlossen. „Unsere Mitarbeiter müssen Zusammenhänge erkennen können, aber auch einen offenen Geist haben“, ist Leiner überzeugt. Nach dem Gesellendiplom kann noch die Meisterprüfung abgelegt werden.

Die Betriebe der Wiener Rauchfangkehrer

Von den 128 Rauchfangkehrerbetrieben in Wien werden rund 60% bereits seit mehreren Generationen innerhalb der Familie geführt. Auf die Ausbildung und Erfahrung der Mitarbeiter wird besonders großer Wert gelegt. So bilden etwa 70% der Betriebe Lehrlinge aus. Die 88 Betriebsinhaber – 69 Meister und 19 Meisterinnen – beschäftigen 498 Mitarbeiter, davon 35 MeisterInnen, 279 GesellInnen, 72 Lehrlinge und 112 Mitarbeiterinnen in der Administration. Die kleine Struktur der Unternehmen fördert ein besonders familiäres Betriebsklima und den Zusammenhalt der Mitarbeiter und der Unternehmen untereinander. Im Rahmen gesellschaftlicher Ereignisse – wie im April bei der Florianifeier oder Sylvester im Rauchfangkehrermuseum – leben auch Traditionen weiter, bei denen die Wiener Bevölkerung gerne mit dabei ist. Zudem eröffnen die Rauchfangkehrer jedes Jahr mit ihrem Ball die Wiener Ballsaison, heuer am 16.11. 2018 im Palais Ferstel.

Die Wiener Rauchfangkehrer

Seit 571 Jahren überprüfen die Wiener Rauchfangkehrer regelmäßig die Feuerstätten der Wienerinnen und Wiener. Komfortables Wohnen und ein sicheres Leben in der Stadt wurden dadurch möglich. Technologische Entwicklungen machen Heizen zunehmend effizienter und umweltschonender. Rund 100 Betriebe der Rauchfangkehrer helfen den Wienerinnen und Wienern beim Wechsel auf neue Heizsysteme, stehen beim Umstieg mit hoher Fachkompetenz beratend zur Seite und ermöglichen einen sicheren Betrieb.

Müll versperrt die Fluchtwege © Wiener Rauchfangkehrer
Müll versperrt die Fluchtwege © Wiener Rauchfangkehrer